Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Vielen von uns graut vor dem nächsten langen Lockdown. Wir fühlen uns noch ausgebrannt vom letzten und fragen uns: Ernsthaft? Geht das wirklich auch in diesem Winter so weiter? Sollte das nicht anders werden? Mist – schon wieder zuhause! Das Leben draußen pausiert – und findet weitgehend zu Hause statt. Homefamilying, das heißt: Homeoffice, Homekita, Homeschooling und in Summe eben oft die ganz große Homesch****. Wir wissen, wie viele Eltern aus dem letzten Loch pfeifen. Wie viele Familien sich fragen: Was müssen wir denn eigentlich noch tun, damit uns jemand hört? Wir schauen fassungslos bei Fußballspielen zu und reichen unseren Schulkindern jeden Morgen eine neue Maske. Corona-Pandemie – das heißt Selbsttests für die Kinder, aber Karnevalsringelpiez mit Anfassen in NRW. Crazy new world! Ja, die Ungerechtigkeit schreit zum Himmel. Und, ja, wir könnten uns hier noch ewig darüber auslassen, das wollen wir jetzt aber nicht! Wir wollen ein bisschen Leichtigkeit in diese doppelt trübe Jahreszeit bringen. Mit einem Best of Homeoffice – wir sind ja selbst inzwischen schon mit Sofa und Arbeitslaptop fest verwachsen.
Umgang mit der lauten Laune
Das kennen Sie bestimmt auch: Alle sind zu Hause. Die Laune wird laut. Alle sind müde, gereizt. Das Telefon klingelt. Ein extrem wichtiges berufliches Telefonat. Aber direkt in diesem Moment, in dem Sie abnehmen: HIGH LIFE IN TÜTEN! Gebrüll par excellence, vielleicht noch dekoriert mit einem „Du bist doof, Mama!“ oder „Blöder k** Papa“ aus dem Hintergrund. Hu ja! Also…nun…das ist natürlich nicht angenehm, aber wir sind am besten gefahren mit der Strategie: „Hallo Frau Müller, schön, dass Sie anrufen ... Sie erleben grad das Homeoffice pur.“ – und wenn die Leute cool sind, dann lachen sie am anderen Ende. Denn vielleicht läuft ja auch gerade noch unsere Katze über den Schreibtisch, die ihr Hinterteil in die Kamera streckt.** Das Familienleben ist doch bunt – und chaotisch. Jede/r von uns hat viele Gefühle, auch unsere Kinder. Und eine besondere Situation erfordert vielleicht auch etwas mehr Gelassenheit – auch wenn das natürlich schwierig ist.
Bewegung und durchatmen
Wir empfehlen „Bewegung“ für die ganze Familie. Wenn es irgendwie geht: Mehrmals am Tag Spaziergänge einplanen, z.B. mittags für 15 Minuten durchs Herbstlaub tollen. Abends mit Taschenlampe oder Laternen durch die Straßen gehen, vielleicht mit einer Thermoskanne, die mit warmen Kakao gefüllt ist. Die Light-Variante eines kleinen Picknicks. Ganz wichtig ist, dass Eigeninitiative ergriffen wird. Dass wir uns aus der „Nicht-Wohlfühl-Zone“ auch wirklich raus bewegen und nicht im “Wie soll ich das denn jetzt noch machen“-Modus stagnieren. Auch kleine regelmäßige Auszeiten helfen. Und wenn es sich vielleicht sehr banal anhören mag: Fenster auf, Kopf in die frische Luft strecken und ein paar Atemzüge tief durchatmen, danach eine Tee- oder Kaffeepause einplanen und weiter geht‘s! Wir haben für uns Druck rausgenommen, indem wir sagen: Wir können nicht alles ersetzen, weder Lehrer*innen, Erzieher/innen oder sonst noch wen. Wir können nicht den ganzen Tag die Alleinunterhalter/innen für unsere Kinder sein. Um ein Kind zu erziehen, braucht es in der Regel ein ganzes Dorf. So wird es zumindest in vielen anderen Kulturen gehandhabt. Nur irgendwie bei uns nicht. Von uns erwartet man, dass wir mit der Brut, für die wir uns entschieden haben, auch alleine klarkommen. Nein, falsch gedacht! Es soll uns doch erst einmal jemand die Textstelle zeigen, wo das steht. Wir werden gemeinsam feststellen: Diese Vereinbarung existiert nicht.
Doro und Kerstin, unsere Expertinnen von MutterKutter (© Anne Seliger)
Kinder beschäftigen
Wir, Doro und ich, geben gerne Spiel-Impulse, die unsere Kinder weiterentwickeln können. Wir holen gerne für unsere Kinder ein Zelt aus dem Keller, was sie im eigenen Zimmer aufbauen können. Wir tragen Decken, Kissen, Lichterketten, Taschenlampen, Tonie-Box und Kekse zusammen und geben unseren Kindern die klare Arbeitsanweisung: „Viel Spaß beim Höhle bauen. Ich bin in einer Stunde wieder bei euch. Dann besuche ich euch, bringe Kakao mit und wir machen es uns richtig gemütlich. Dann lesen wir noch eine Geschichte oder spielen etwas.“ Zur Not kann ich ja auch im Zelt mit Laptop sitzen und Mails beantworten. Gute Erfahrungen haben wir übrigens auch mit Schaukeln drinnen gemacht, die an einer Reckstange zwischen Türrahmen geklemmt werden. Decke oder Matte, als Sturz-Schutz drunter und los geht’s: Die Kinder sind beschäftigt! Wir haben die Reckstange auch für uns selbst genutzt: Mal schnell die Arme nach oben gestreckt und einmal lang gemacht, um unsere verspannte Muskulatur zu dehnen. Herrlich! Und ganz ehrlich, wir haben kein schlechtes Gewissen mehr, wenn der KIKA über längere Zeit, also… hüst…2-3 Stunden läuft. Natürlich kommt das nicht täglich vor, aber wir erinnern uns auch an lange Video-Konferenzen, wo unsere Kinder viel zu lang von netten Moderatoren bespaßt wurden. War blöd, ging aber nicht anders! Notfallsituation!
„Nützt ja alles nichts! Ist halt so!“
Das ist übrigens unsere Satz des Jahres, mit dem wir täglich unser Gewissen beruhigen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nichts bringt, wenn wir uns permanent über den IST-Zustand aufregen. Wir können es im Moment nicht ändern, wir müssen es annehmen, wie es nun mal ist. Wir müssen das Beste aus der Situation machen und dürfen es uns vielleicht auch manchmal schönreden. Doro und ich haben die Zeit des Lockdowns am Morgen genossen, weil wir die Kinder nicht aus den Betten scheuchen mussten. Es war einfach Ruhe. Eine geschenkte kleine Auszeit zu Tagesbeginn. An so kleinen Dingen muss man sich erfreuen können, auch wenn danach der restliche Tag so richtig „ballert“.
Ein Eltern-Netzwerk zusammenstellen
Was uns extrem gut geholfen hat, war unser Netzwerk, mit dem wir uns mit der Kinderbetreuung abgewechselt haben. Gerade unsere alleinerziehenden Freundinnen waren froh, wenn eins unserer Kinder zum Spielen gebracht wurde. Dafür haben wir das Kind der Freundin am Wochenende übernommen, damit sich diese erholen konnte. Wir sind durch die Corona-Situation auch gewachsen. Unsere Mütter-Gemeinschaft ist gestärkt worden, wir sind uns nähergekommen, was ein unglaublich schönes Gefühl ist. Denn diesen Zustand werden und wollen wir sicherlich auch nach Corona noch beibehalten.