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Urlaub ohne Kinder

Wie eine Auszeit die mentale Gesundheit stärken kann

© Ezequiel Garrido

Der Sommer ist da und die Familie freut sich schon auf den lang ersehnten Urlaub. Doch was, wenn Eltern und Kinder dieses Jahr einmal getrennt Urlaub machen? In unserem neuen Magazin-Artikel erfahren Sie, welche Vorteile ein Urlaub ohne Kinder für Sie und der ganzen Familie hat. Zudem geben wir Ihnen eine Check-Liste für eine stressfreie Planung mit an die Hand.

Zu hohe Erwartungen: Eine Belastung für die gesamte Familie


Mit der Gründung einer Familie rücken die eigenen Bedürfnisse schnell in den Hintergrund. Hingebungsvoll kümmern sich Eltern um ihren Nachwuchs, um ihnen eine behütete und glückliche Kindheit zu bieten. Job, Kinder, Partner, Haushalt, Freunde und Hobbies: All diese Dinge versuchen sie unter einen Hut zu bekommen. Das kann schnell zur Belastungsprobe werden. Laut einer Studie des Magazins „Eltern“, in der es um die gesellschaftlichen Erwartungen an Familien geht, haben 89 % der Teilnehmer*innen das Gefühl, dass der Druck, alles zu vereinbaren, innerhalb der letzten Jahre zugenommen hat. Zudem fühlen sich 40 % der befragten Eltern häufig im Alltag gestresst – ein Drittel sogar täglich. Einer der am häufigsten genannten Gründe: die hohen Erwartungen an sich selbst.

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Studienergebnisse beim Urlaub ohne Kinder (© tui)

Bei vielen Eltern wächst daher der Wunsch nach einer Auszeit – sowohl für sich als auch mit dem Partner oder der Partnerin. Denn zusätzlich zum Stress fehlt es vielen auch an gemeinsamer Zweisamkeit, die der anstrengende Familienalltag kaum zulässt. Für drei Viertel der Eltern steht fest, dass mehr Zeit für sich die beste Lösung gegen den Stress wäre. „Viele Eltern merken zu Recht, dass Auszeiten helfen, mit noch mehr Energie für die alltäglichen Aufgaben und natürlich auch für die Familie da zu sein“, so der Sozialpädagoge und Erziehungsberater Ulric Ritzer-Sachs. Der Wunsch, den Stress im Familienalltag zu reduzieren, verwirklichen aber nur wenige Eltern. Denn viele Mütter und Väter trauen sich nicht, sich diese Auszeiten bewusst zu nehmen. Bei vielen ist die Angst vor einer Verurteilung durch die Gesellschaft groß und diese hält sie davon ab, auch einmal ohne den Nachwuchs zu verreisen.

Auch Eltern brauchen kleine Auszeiten


Doch genau diese Zeit sollten Eltern gelegentlich für sich beanspruchen. Es ist auch ohne ein schlechtes Gewissen möglich, sich Zeit für sich zu nehmen und sich von dem Alltagsstress zu erholen. Ein wachsender Trend ist daher ein Urlaub ohne Kinder. Denn ein häufiges Problem beim Familienurlaub ist, dass auch hier die Eltern rund um die Uhr auf ihren Nachwuchs aufpassen müssen und sich nur wenig Entspannung einstellt.

Elternurlaub (© Asso Myron)

Laut dem aktuellen Report von TUI „Urlaub ohne Kinder“ stieg zwischen 2015 und 2020 die Google-Suche in Deutschland nach dem Urlaubsbegriff „Erwachsenenhotel“ um mehr als 315 %. Und es gibt viele gute Gründe für einen getrennten Urlaub: Der Stress wird reduziert und die mentale und emotionale Gesundheit kann gestärkt werden. Zudem zeigen die Eltern damit ihren Kindern, wie wichtig es ist, den eigenen Bedürfnissen genug Beachtung zu schenken. Denn nur so können die Kleinen lernen, auf sich selbst und ihre Wünsche zu achten. Auch ermöglicht ein Urlaub allein oder zu zweit, weit entferntere Ziele zu erkunden und dort den eigenen Interessen nachzugehen. Statt langer Spielplatzaufenthalte können Wanderungen oder aufregendes Städte-Sightseeing auf dem Plan stehen. So schrumpft auch die Differenz zwischen dem, was Eltern eigentlich gerne im Urlaub unternehmen möchten und dem, was die Familie tatsächlich unternimmt. Immerhin 67 % der Mütter und 76 % der Väter geben an, im Urlaub auf das zu verzichten, was sie gerne tun würden. Dazu gehört vor allem auszuschlafen und mehr Zeit mit der/dem Partner*in zu verbringen. Denn auch wenn die Kinder einen großen Platz im Leben einnehmen, sollte die Partnerschaft nicht dauerhaft darunter leiden: „Wenn die Kinder groß sind und die Partnerschaft bis dahin auf Eis gelegen hat, ist der Zeitpunkt verpasst und die Paarbeziehung evtl. sehr kalt. Die Liebesbeziehung darf nicht vernachlässigt werden. Sie wird durch gemeinsame Erlebnisse mit und ohne Kindern am Leben gehalten.“, so Ulric Ritzer-Sachs.

Weitere Studienergebnisse beim Urlaub ohne Kinder (© tui)


Kinder wünschen sich ebenfalls Zeit ohne Eltern


Nicht nur die Erwachsenen, auch die Kinder wünschen sich gelegentlich Freizeit von ihren Eltern. Vor allem bei Teenagern zwischen 14 und 19 Jahren ist der Wunsch stark ausgeprägt. So geben 81 % der befragten Jugendlichen an, dass für sie eine Reise ohne Mama und Papa ebenfalls Erholung und Entspannung bedeutet. Demnach müssen Eltern kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie auch mal ohne die Kinder in den Urlaub fahren möchten. Zudem entspricht ein einwöchiger Urlaub nicht einmal 2 % des Jahres, sodass noch genug gemeinsame Familienzeit bleibt. Und kann diese erholt nicht noch mehr genossen werden? Ab welchem Kindesalter ein getrennter Urlaub empfehlenswert ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Gut ist es deshalb, erst einmal klein und vor allem früh anzufangen. „Je kleiner die Kinder sind, desto kürzer kann die Auszeit sein. Bei kleinen Kindern treten die eigenen Bedürfnisse zurück. Hier ist es möglich, mal zusammen einen Spaziergang zu machen, Essen zu gehen ... Wenn es zuverlässige Menschen gibt, die in dieser Zeit die Kinder betreuen.“, sagt Ulric Ritzer-Sachs. Mit zunehmendem Alter sind dann längere Pausen und irgendwann auch ein Urlaub möglich.


Planung

Planung ist das A und O (© von oxana)


So klappt die Vorbereitung für einen Urlaub ohne Kinder


Steht der Entschluss für einen Urlaub ohne Kinder, ist eine gute Planung wichtig. Damit die Urlaubsvorbereitungen ohne Komplikationen vonstatten gehen, habe wir eine Checkliste zusammengestellt:


  1. Reden Sie mit den Kindern über das Vorhaben und bereiten Sie sie langsam darauf vor. Erklären Sie, warum es wichtig ist, dass Mama und Papa etwas Zeit zu zweit verbringen möchten.
  2. Die Wahl der Kinderbetreuung ist nicht zu unterschätzen. Der Nachwuchs muss sich bei der Person wohl fühlen – so ist die Sehnsucht nach den Eltern nur halb so groß.
  3. Vergessen Sie nicht den „Papierkram“. Im Falle eines Falles sind Einverständniserklärung und Co. unerlässlich, damit die Betreuungsperson für die Behandlung des Kindes sorgen kann.
  4. Die wichtigsten Dokumente wie die Versicherungskarte des Kindes muss die Betreuungsperson kennen und wissen, wo diese zu finden sind. Die Nummer des Kinderarztes und anderer wichtiger Personen im Umfeld gehören ebenfalls dazu. Zusätzlich kann die Platzierung eines Ersatzschlüssels im Notfall helfen.
  5. Zudem sollte die Vertrauensperson Kenntnis über die Reiseinformationen wie Hoteladresse, Reiseroute und -zeitraum haben.
  6. Und zu guter Letzt, sollten Sie auch während des Urlaubs mit den Kindern regelmäßig in Verbindung bleiben. Um die Trennungsangst kleinerer Kinder zu vermindern, können Eltern Einblicke in ihre Reise geben und so die Reise von zuhause aus miterleben lassen.

Ein Urlaub ohne Kinder muss längst nicht mehr als Tabuthema gesehen werden. Auch Eltern ist es uns gegönnt von Zeit zu Zeit eine kleine Auszeit zu nehmen – und das ganz ohne schlechtes Gewissen.